Koordinierungsstelle Marzahn-Hellersdorf

Wir sind eine vielfältige Gesell­schaft!

Ein Interview  mit Anne-Gela Oppermann von Eine Welt der Vielfalt e.V. zu diversitäts­orientierter Organisations­entwicklung.

Sie sind Vorsitzende von “Eine Welt der Vielfalt e.V.”, einer Bildungs- und Beratungsorganisation, die sich aktiv für die Gestaltung einer Gesellschaft der Gleichbehandlung einsetzt? Können Sie Ihre Organisation und das Konzept ihres Diversity-Ansatzes kurz beschreiben?

“Eine Welt der Vielfalt” ist ein Bildungsprogramm, das auf dem ‘A World of Difference‘- Programm der Anti-Defamation League (ADL) aus den USA basiert. –. Gleichzeitig ist es ein konzeptioneller Ansatz, um die Gesellschaft entsprechend zu verändern und gegen Diskriminierung vorzugehen. Der Verein “Eine Welt der Vielfalt e.V.” wurde anlässlich der rassistischen Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen in den 90er Jahren gegründet, um einen Beitrag zu einem wertschätzenden gesellschaftlichen Klima zu leisten und gegen Rechtsradikalismus vorzugehen. Seit 25 Jahren wenden wir unseren Ansatz sehr erfolgreich an – in Berlin, aber auch bundesweit und im deutschsprachigen Ausland. Wir bilden Trainer*innen aus, die dann wiederum diese Antidiskriminierungs- und Diversity-Trainings durchführen. Später hat sich das dann ausgeweitet zu Diversity-Beratung, Diversity-Prozessbegleitung und die Umsetzung von Diversity-Projekten, beispielsweise in der Berliner Verwaltung, aber auch in anderen Organisationen und Unternehmen. Der Ansatz beinhaltet eine integrative, ganzheitliche Betrachtung verschiedenster Diskriminierungsgründe. Insbesondere damals vor 25 Jahren war das noch nicht üblich. Wir hatten von Anfang an diesen sehr ganzheitlichen Ansatz: Wir kümmern uns um alle Diskriminierungsgründe und versuchen diese nicht in Konkurrenz zueinander zu sehen, sondern als miteinander verwoben. Heute heißt das Intersektionalität oder Mehrfachdiskriminierung.

Später wurde dann über die ‚Charta der Vielfalt‘ maßgeblich Diversity-Management und Diversity als Konzept überhaupt erst in Deutschland eingeführt. Das Problem dabei war, dass er damals von Konzernen eingeführt wurde mit einer bestimmten Konnotation, bei der der Nutzen von Vielfalt in den Vordergrund gestellt wurde und Diskriminierung als Problem nicht benannt werden durfte. Das war dieses „Alles ist so schön bunt hier und wir alle sind so schön vielfältig. Wenn wir nur alle unsere Potenziale erkennen, dann wird alles gut.“ Aber das ist kompletter Unsinn! Es gibt strukturelle Diskriminierung, die Schuld daran ist, dass Menschen sich eben nicht entfalten können. Wir haben uns von Anfang an gegen diese Definition gestellt und gesagt: Diversity ist ein US-amerikanisches Konzept, das maßgeblich auf die US-Bürgerrechtsbewegungen zurückzuführen ist. Dieser Ansatz ist als expliziter Antidiskriminierungsansatz begründet. Das wurde in Deutschland sehr stark verfälscht definiert. Seither kämpfen wir um die Deutungshoheit über diesen Begriff und sind da auch recht erfolgreich. Inzwischen wird der Diversity Begriff zunehmend mit Antidiskriminierung verbunden. Der Antidiskriminierungsansatz – das ist die andere Seite der Medaille der Vielfalt. Wir arbeiten immer mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Das ist inzwischen auch State of the Art, nicht nur auf die Unterschiede zu schauen, sondern auch ganz stark auf die Gemeinsamkeiten, was insbesondere bei diesem integrierten Ansatz eine sehr große Wirkmacht erzeugt und Solidarität und gemeinsame Werteorientierung ermöglicht. So finden sich viele Leute in diesem Ansatz wieder und Mehrheitsverhältnisse sind möglich. Im Wesentlichen geht es um ein Recht auf Teilhabe an wirtschaftlichen Entwicklungen, wie z.B. am Arbeitsplatz, Einkommen u.s.w., aber auch um gesellschaftliche und politische Teilhabe. Das heißt, Teilhabe ist im Grunde die entscheidende Kategorie, auf die wir hinarbeiten. Und zu dieser Teilhabe gibt es Hinderungsgründe und Barrieren, die sich in Diskriminierung äußern. Dagegen gehen wir vor, um Teilhabe zu ermöglichen und damit Potenziale sich entfalten können. Aber nicht im Sinne einer reinen Nutzenorientierung, sondern im Sinne von Menschenrechten.


Das gesamte, weitere Interview können Sie hier weiterlesen.