Koordinierungsstelle Marzahn-Hellersdorf

Einladung zum siebten Fachtag „Grenzenlos gestärkt in den Alltag“ – abgesagt

Aus aktuellem Anlass findet unser Fachtag “Grenzenlos gestärkt in den Alltag” nicht statt.

 

Einladung zum siebten Fachtag „Grenzenlos gestärkt in den Alltag“ für Kinder- und Jugendsozialarbeiter:innen aus den Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick

(K)ein Auge zudrücken?!

Umgang mit rechtsaffinen Jugendlichen in JFEen und Schulsozialarbeit

Kinder- und Jugendsozialarbeit ist ein Spiegel unserer Gesellschaft: rechte Einstellungen in der Gesellschaft machen vor Jugendfreizeiteinrichtungen und Schule/ Schulsozialarbeit nicht Halt. Strömungen und Versatzstücke verschiedenster rechter Szenen und Entwicklungen in der Gesellschaft sind in der Berufspraxis sichtbar. Fachkräfte sind hierbei herausgefordert, sich auch mit rechtsaffinen Jugendlichen auseinanderzusetzen. Rechte Parolen werden aufgeschnappt und wiedergegeben, menschenverachtende Argumentationslinien aus der Familie oder dem Freundeskreis mitgebracht. Teilweise stehen Sozialarbeiter:innen auch scheinbar bereits gefestigten rechten Welt- und Menschenbildern gegenüber. Aus unserem politischen und berufsethischen Verständnis heraus arbeiten wir gegen die Normalisierung von rassistischen, antisemitischen und anderweitig diskriminierenden sowie ausgrenzenden Positionen. Die aktuellen Entwicklungen können dabei überfordernd wirken und Kopfzerbrechen hervorrufen. Um weiterhin handlungsfähig zu bleiben und gestärkt in die pädagogischen Auseinandersetzungen gehen zu können, laden wir die Kolleg:innen der Jugendsozialarbeit ein:

am Mittwoch, 01.04.2020 von 10 bis 17 Uhr im FEZ-Berlin, Straße zum FEZ 2, 12459 Berlin

Der Fachtag wird uns als Kolleg:innen einen Raum für intensiven Austausch und Weiterbildung für die Herausforderungen und Grenzen der Arbeit mit rechtsaffinen Jugendlichen bieten.

Tagesablauf:

10:00 Ankommen und Begrüßung durch Stadtrat Gernot Klemm                         (Moderation: Wiebke Eltze)

10:30 Interaktives Kennenlernen

10:45 Keynote 1 – Elène Misbach, Prof. Dr. Barbara Schäuble, ASH Berlin: „Warum die Soziale Arbeit politisch ist“

11:30 Keynote 2 – Niklas Vögeding, Cultures Interactive e.V.: „Umgang mit rechtsaffinen Jugendlichen – Differenz zu akzeptierenden Ansätzen der 1990er/Anfang 2000er“

12:15 Mittagspause

13:15 Künstlerischer Beitrag zum Einstieg in den Nachmittag

13:45 Workshopphase

1) Distanzierungsarbeit (cultures interactive e.V., Weimar)

2) Rechte Vorfälle an Schulen (Mobiles Beratungsteam für Demokratieentwicklung)

3) Geschlechterreflektierende Prävention in der Jugendarbeit (Romy Nowak , Markus Weidmüller, AGJF Sachsen)

4) Elternarbeit im Kontext rechter Jugendlicher (Eva Prausner, „ElternStärken“)

5) Zum Neutralitätsgebot im Schulkontext (Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus)

16:15 Erzählcafé sowie Kaffee und Kuchen (mit Tobias Burdukat vom „Dorf der Jugend“ Grimma)

17:00 Ende

Ankündigung Keynote 1: Elène Misbach, Prof. Dr. Barbara Schäuble, ASH Berlin: „Warum dieSoziale Arbeit politisch ist“

Die Frage “Warum Soziale Arbeit politisch ist” und sich parteilich für Demokratie und Menschenrechtsorientierung positionieren muss, werden wir vor dem Hintergrund aktueller Debatten um den Begriff Neutralität / Neutralitätsgebot in der (politischen) Bildung sowie am Beispiel der kritischen Auseinandersetzung mit Ansätzen der “Akzeptierenden Jugendarbeit” diskutieren. Was können Kriterien für Handlungskonzepte in der (Sozialen) Arbeit mit rechtsaffinen Jugendlichen sein, die gleichzeitig die nicht-rechten Jugendlichen in Schule und Jugendfreizeiteinrichtungen stärken sowie Minderheitenrechte und Diskriminierungsschutz berücksichtigen? Welche Möglichkeitsräume haben und brauchen Sozialarbeiter_innen hierbei in ihren jeweiligen Praxisfeldern? In welchen Spannungsfeldern bewegen sie sich?

Ankündigung Keynote 2: Niklas Vögeding, Cultures Interactive e.V.: „Umgang mit rechtsaffinen Jugendlichen – Differenz zu akzeptierenden Ansätzen der 1990er/ Anfang 2000er“

Seit den 1990er Jahren wird der „Akzeptierende Ansatz“ in der pädagogischer Arbeit mit rechtsaffinen Jugendlichen diskutiert und ist heute höchst umstritten, da nicht nur rechtsaffine Jugendlichen selbst „akzeptiert“ wurden, sondern auch deren rechte Ideologien. Im Rahmen des Vortrags wird nach einer historischen Kontextualisierung und Kritik der Methode, der Frage nach gegangen: Wie können wir mir rechtsaffinen Jugendlichen heute arbeiten? Welche Haltung können Pädagog*innen an den Tag legen? Wo müssen Grenzen gezogen werden und wie können Methoden aussehen, um einer fortschreitenden rechten Ideologisierung erfolgreich entgegentreten zu können? Hierzu werden sowohl grundsätzliche Überlegungen, als auch Erkenntnisse aus Praxiserfahrungen verschiedener Projekte von cultures interactive e.V. vorgestellt und diskutiert.

Beschreibungen der angebotenen Workshops:

1) Distanzierungsarbeit

(Niklas Vögeding, cultures interactive e.V., Weimar)

Distanzierungsarbeit – was ist das? Zwischen Demokratiebildung und Ausstiegsarbeit zeigt sich der Bedarf, mit denjenigen Jugendlichen zu arbeiten, die oft als „rechtsextrem-gefährdet oder -orientiert“ bezeichnet werden. Diese Orientierung äußert sich dann beispielsweise durch Verstärkte Vorurteilsäußerungen oder das erste Austesten rechtsextremer Argumentationsmuster, oder aber auch „jugendkulturell“ in Musikvorlieben, Kleidungsstil und Sprache. Doch wie erkenne ich ebenjene Klientel, ohne auf dem „rechten Auge blind zu sein“ oder andererseits den „Nazi-Stempel“ aufzudrücken? Und einmal erkannt, wie gehe ich mit jenen Jugendlichen um, ohne ihre Argumentationsfähigkeiten zu stärken oder sie durch zu deutliche Konfrontation vollkommen zu verlieren? Um sich diesen aufgeworfenen Fragen zu nähern, werden die von cultures interactive e.V. entwickelten Distanz-Trainings vorgestellt, diskutiert und vielleicht gar in Ansätzen ausprobiert!


2) Rechte Vorfälle an Schulen                                                                   (Mobiles Beratungsteam für Demokratieentwicklung)

In unserem Workshop sollen die Handlungskompetenzen von Lehrer/innen und Sozialarbeiter/innen im Umgang mit rechtsaffinen Jugendlichen gestärkt werden. Wir laden die Teilnehmenden zu einem themen- und fallspezifischen Austausch ein, um vorhandene Erfahrungen miteinander zu teilen. Im Anschluss stellen wir Gesprächsstrategien im Umgang mit rechtsaffinen Jugendlichen vor, die die Teilnehmenden bei Bedarf am Beispiel konkreter Situationen bzw. anhand diskriminierender Äußerungen erproben können.

3) Geschlechterreflektierende Prävention in der Jugendarbeit         (Romy Nowak , Markus Weidmüller, AGJF Sachsen)

Im Workshop sollen Potenziale einer geschlechterreflektierenden Perspektive in der Auseinandersetzung mit rassistischen Ablehnungshaltungen im Fokus stehen. Diskriminierung aufgrund von Geschlecht oder sexueller Orientierung ist einerseits Bestandteil problematischer Haltungen Jugendlicher. Geschlechternormen wirken andererseits auf Verhalten, Interessen und Wahrnehmungen von jungen Menschen ein und sind mit anderen Diskriminierungsverhältnissen verknüpft. So können rassistische Äußerungen und rechtsextreme Orientierungen für Jugendliche auch deswegen funktional sein, weil durch sie die Erfüllung geschlechtlicher Anforderungen etwa an männliche Souveränität angestrebt wird oder sich damit die Hoffnung verbindet, widersprüchlichen Weiblichkeitsanforderungen durch den Rückzug auf eine vermeintlich „natürliche“ Frauenrolle zu bewältigen. Nach einem kurzen Input wird es vor allem Gelegenheit geben, im angeleiteten Austausch der Teilnehmenden Erfahrungen zu teilen, Fragen zu stellen und Ansatzpunkte für die eigene Praxis zu finden.

4) Elternarbeit im Kontext rechter Jugendlicher                                       (Eva Prausner, „ElternStärken“)

Eltern, Jugendliche, rechte Haltungen? Was tun! Fachkräfte und Eltern haben den Auftrag, dass Kinder- und Menschenrechte nicht in Frage gestellt werden. Schwierig wird es dort, wo sich Eltern diskriminierend äußern und ihren Kindern und Jugendlichen Vorurteile sowie Feindbilder vermitteln. Auf der anderen Seite dürfen auch die Eltern nicht aus dem Blick geraten, die sich kritisch gegenüber rechten Meinungen ihrer Kinder abgrenzen. Welche unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten ergeben sich? Was tun, um eine proaktive und menschenrechtsbasierte Praxis gegenüber rechten Eltern sowie rechtsaffinen Jugendlichen zu etablieren? Welche Unterstützungen können wir demokratisch positionierten Eltern, Jugendlichen und Fachkräften geben?

5) Zum Neutralitätsgebot im Schulkontext (Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus)

tba

Für den Fachtag ist die Teilnehmer:innenzahl auf 100 Personen begrenzt. Teilnahme nur nach Anmeldung bis zum 23.03.2020: moskito@pfefferwerk.de

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien und Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Hier gibt es das Programm zum Fachtag als pdf-Dokument zum Download: 20-02-27EinladungFachtag