Koordinierungsstelle Marzahn-Hellersdorf

Presseschau und Einschätzungen zur Bundestagswahl in Marzahn-Hellersdorf

Erstmals kann ein AfD-Kandidat in Berlin einen Wahlkreissieg einfahren: In Marzahn-Hellersdorf holt Gottfried Curio in einem Kopf-an-Kopf-Rennen die meisten Stimmen – und verdrängt damit Mario Czaja von der CDU.

Im Berliner Osten, im Wahlkreis 84 Marzahn-Hellersdorf, setzte sich Gottfried Curio von der AfD durch. Der 64 Jahre alte Abgeordnete kam laut Wahlleitung auf 29,5 Prozent der Erststimmen, erringt das Direktmandat und vertritt den Wahlkreis Berlin-Marzahn-Hellersdorf künftig im Bundestag. Damit setzte er sich gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Mario Czaja durch, der das Direktmandat noch bei der Wahl 2021 geholt hatte. Czaja lag bei der Auszählung lange vorn und unterlag mit 29,2 Prozent nur denkbar knapp dem AfD-Politiker, der seit 2017 für die AfD im Bundestag sitzt. Czaja, im Gegensatz zu Curio, war nicht über die Landesliste abgesichert, er zieht damit nicht in den Bundestag ein.

„Gottfried Curio ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Innere Sicherheit und Migration. Er gilt als Höcke-Sympathisant und ist für seine scharfen Reden sowohl im Bundestag als auch auf Kundgebungen bekannt. Bei Wahlkampfveranstaltungen im Bezirk ließ er kaum eine Gelegenheit aus, gegen Menschen mit Migrationshintergrund herzuziehen. Gleichzeitig offenbarte er bei lokalen Themen deutliche Schwächen.“ (Quelle: Die Hellersdorfer)

Die Nächstplatzierte wurde bei den Erststimmen die Stadtentwicklungsexpertin der Linkspartei, Katalin Gennburg, welche nun Dank des berlinweit sehr guten Ergebnisses der Linken über deren Landesliste in den Bundestag einzieht.  Platz vier belegte der Sozialdemokrat Ben Schneider, Platz fünf der ehemalige Erfolgsmanager von Eisern Union, Oliver Ruhnert (BSW).

Im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf ist die AfD auch bei den Zweitstimmen mit 31,2 Prozent mit deutlichen Vorsprung die stärkste Partei geworden. Ihr Vorsprung gegenüber der Linken als Zweitplazierte (16,7 Prozent) beträgt 14,5 Prozentpunkte. Die AfD gewinnt im Vergleich zu 2021 die meisten Zweitstimmen hinzu und steigert ihr Ergebnis um 13,9 Prozentpunkten. Den größten Verlust verzeichnet die SPD mit einem Minus von zwölf Prozentpunkten. Das BSW ist erstmals angetreten und kommt auf 10,9 Prozent der Zweitstimmen.

Im Wahlkreis Berlin-Marzahn-Hellersdorf gaben 76,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bei der Wahl 2021 war die Wahlbeteiligung noch um 8,8 Prozentpunkte niedriger. Wie auch im Deutschland-Trend ist die Wahlbeteiligung gestiegen. In ganz Deutschland haben 82,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben (+6,2 Prozentpunkte).

O-Töne aus der lokalen Politik bzw. Zivilgesellschaft:

Katalin Gennburg – Spitzenkandidatin der Linken in Marzahn-Hellersdorf:

„Ich freue mich riesig mit meiner Partei Die Linke. Wir sind stark. Wir sind zurück und wir werden noch viel, viel mehr. Jetzt geht´s richtig los. Wir werden als erstes auf jeden Fall den Mietendeckel beantragen. Wir wollen die Vermögenssteuer zurückhaben. Es braucht jetzt endlich eine radikale Umverteilung.“

Ben Schneider – SPD-Direktkandidat im Tagesspiegel:

„Das Wahlergebnis in Marzahn-Hellersdorf ist Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegenüber der Lösungsfähigkeit demokratischer Prozesse“, schrieb Ben Schneider am Montag auf seinem Instagram-Kanal. Lange habe die CDU vor Ort versucht, sich auf Kosten anderer demokratischer Parteien stark zu machen.

„Dafür hat man Klientelpolitik für einzelne Nachbarschaften zulasten des gesamten Bezirks gemacht, Bürgerinfos hart an der Grenze zu Falschinformationen verbreitet, Erfolge anderer Parteien für sich reklamiert oder sich selbst als einzige Alternative zur AfD präsentiert.“ Dieses Modell habe für die CDU lange funktioniert; doch gestern Nacht habe sich gezeigt, dass diese Strategie die falschen Kräfte im Bezirk stärke, so Schneider.

Christian Gräff (Berliner Abgeordneter und stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU Wuhletal via X:

„Für die Linke ist die AfD kein Feind, sondern der Rettungsanker. Lässt sich klar belegen.“

Kristian Ronneburg von den Linken Marzahn-Hellersdorf zur Berliner Morgenpost:

„Kristian Ronneburg von den Linken nannte das Abschneiden der AfD „verheerend“. Immerhin einen Grund zu Freude hatte die Linke: Ihre Direktkandidatin Katalin Gennburg zieht über die Landesliste in den Bundestag ein, und auch im Bezirk scheint das Tief der Europawahl (sieben Prozent) überwunden. Man wolle das Vertrauen der Wähler in konkrete soziale Politik ummünzen.“

Gordon Lemm (SPD) gegenüber der Berliner Morgenpost:

„Der Co-Vorsitzende des SPD-Kreisvorstandes und Bezirksstadtrat Gordon Lemm sagte der Morgenpost, man hätte sich ein anderes Ergebnis gewünscht. Ihm erscheint es unverständlich, warum so viele Menschen für eine Partei und einen Kandidaten stimmen würden, die sich etwa gegen die Mietpreisbremse stellen. Diese Wahl helfe nicht dabei rechte Vorurteile gegen den Bezirk abzubauen.“

Maren Trepper, Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen in Marzahn-Hellersdorf in der Berliner Morgenpost:

„Maren Tepper von den Grünen sprach ob des Ergebnisses von „Angst und Sorge“. Sie appellierte an die demokratischen Parteien „gemeinsam für Vielfalt und demokratische Werte“ zu kämpfen.“

Peter Lange, Vorsitzender der FDP Marzahn-Hellersdorf auf X:

„Es ist ein bitterer Tag für die FDP, der einen Niedergang markiert. Es liegt jetzt an uns, dass dieser Tag auch einen Wiederaufstieg markiert. Die FDP mag eine Pause im Deutschen Bundestag machen müssen, die Idee der Freiheit in Deutschland darf das nicht. Es liegt an uns.“

Analysen zur Bundestagswahl bundesweit:

Analyse: Was sich aus der Bundestagswahl lernen lässt (Amadeu-Antonio-Stiftung)

Soziologe über AfD-Erfolg: „Der Erfolg der Linken zeigt, wie es gehen kann“ (taz, 24.2.2025)

Wahlergebnisse in Marzahn-Hellersdorf im Detail:

Karte zur Bundestagswahl 2025: Alle Wahlergebnisse in Berlin nach Kiezen

Ergebnisse für Marzahn-Hellersdorf via Wahlleitung Berlin – auch kleinteilig hier.

Ergebnisse für Marzahn-Hellersdorf via Bundeswahlleitung hier.

In einzelnen Stimmbezirken konnte die AfD Wahlergebnisse von 50 % und mehr erzielen:

10104 – Stadtteilzentrum Kiez-Treff West, Kiez-Treff (EG): AfD 50,8 % bei den Zweitstimmen

10108 – Jugendzentrum “Betonia”, Veranstaltungsraum (EG): AfD mit 51,8 % bei den Erststimmen und 50,1 % bei den Zweitstimmen

10112 – Ebereschen-Grundschule: AfD mit 53,3 % bei den Erststimmen und 53,4 % bei den Zweitstimmen

10115 – Gretel-Bergmann-Schule: AfD mit 50,4 % bei den Erststimmen

10117 – Gretel-Bergmann-Schule: AfD mit 55,4 % bei den Erststimmen und 54,3 % bei den Zweitstimmen

10125 – Wilhelm-Busch-Grundschule: AfD mit 50,0 % bei den Erststimmen

10301 – Beatrix-Potter-Grundschule: AfD mit 51,3 % bei den Erststimmen und 53,5 % bei den Zweitstimmen

10302 – Jugendclub TRESOR: AfD mit 51,9 % bei den Erststimmen und 50,6 % bei den Zweitstimmen

10304 – Jean-Piaget-Schule: AfD mit 52,2 % bei den Erststimmen und 50,9 % bei den Zweitstimmen

10305 – Jean-Piaget-Schule: AfD mit 57,0 % bei den Erststimmen und 53,4 % bei den Zweitstimmen

10307 – Bücherwurm-Grundschule am Weiher: AfD mit 50,9 % bei den Erststimmen und 52,1 % bei den Zweitstimmen

10315 – Caspar-David-Friedrich-Schule: AfD mit 50,8 % bei den Erststimmen und 50,1 % bei den Zweitstimmen

10622 – Konrad-Wachsmann-Schule: AfD 51,5 % bei den Zweitstimmen

Presseschau zu den Ergebnissen der Bundestagswahl in Marzahn-Hellersdorf:

Abgewählter CDU-Kandidat in AfD-Hochburg : Woher kommt die Unzufriedenheit in Marzahn-Hellersdorf, Herr Czaja? (Tagesspiegel, 26.2.2025)

„Weil uns die anderen Parteien fallengelassen haben“: Wie Frust und Angst Marzahn-Hellersdorf in die Arme der AfD trieben (Tagesspiegel, 26.2.2025)

50 Prozent für die AfD in Hellersdorf: „Die Leute hier wählen so, weil sie ärmer geworden sind“ (Berliner Zeitung, 25.2.2025)

Knappes Ergebnis: In Tempelhof-Schöneberg und Marzahn-Hellersdorf wird heute neu ausgezählt (Berliner Zeitung, 25.2.2025)

„Verheerend“: Wie die AfD Marzahn-Hellersdorf gewinnen konnte (Berliner Morgenpost, 24.2.2025)

Die Ergebnisse im Wahlkreis Berlin-Marzahn-Hellersdorf (Süddeutsche Zeitung, 24.2.2025)

Bundestagswahl 2025: Gottfried Curio (AfD) dreht den Wahlkrimi in Marzahn-Hellersdorf (Berliner Zeitung, 24.2.2025)

Stimmungsbild aus Marzahn-Hellersdorf – Kreuz für die AfD: “Dabei habe ich früher immer die CDU gewählt” (t-online, 24.2.2025)

„Jeder weiß, wie sehr ich meinen Job liebe“: Oliver Ruhnert vor Rückkehr in den Profifußball (Tagesspiegel, 24.2.2025)

Analyse in Karten: Diese politischen Risse durchziehen Berlin nach der Bundestagswahl (Tagesspiegel, 24.02.2025)

Curio holt erstmals Wahlkreismandat für AfD in Berlin (rbb, 24.2.2025) 

Mario Czaja nicht mehr im Bundestag: Wie die West-CDU einen erfolgreichen Ost-Politiker erledigte (Berliner Zeitung, 24.2.2025)

So extrem tritt Berlins erster direkt gewählter AfD-Politiker auf (Berliner Morgenpost, 24.2.2025)

Bundestagswahl 2025 in Berlin: Knappes Rennen zwischen AfD und CDU in Marzahn-Hellersdorf (Tagesspiegel, 24.2.2025)

Ergebnisse für Wahlkreis 84: So hat Marzahn-Hellersdorf gewählt (Berliner Zeitung, 24.2.2025)

Lokalmatador Mario Czaja unterliegt Herausforderer von Rechtsaußen // AfD stärkste Kraft – Wahlkrimi in Marzahn-Hellersdorf (Die Hellersdorfer, 23.2.2025)