Koordinierungsstelle Marzahn-Hellersdorf

Aktivitäten der Kleinstpartei „III. Weg“ in Marzahn-Hellersdorf 2021

Im Jahr 2021 wurden bislang insgesamt 56 Vorfälle im Zusammenhang mit der extrem rechten Kleinstpartei „Der III. Weg“ im Bezirk Marzahn-Hellersdorf gemeldet. Auffallend ist, dass die Aktivitäten des „III. Weg“ im Bezirk in den vergangenen zwei Monaten zunahmen. Nachdem es um die Partei im Sommer eher ruhig geworden war, häufen sich seit Herbst deren Aktionen. Maßgeblich handelt es sich dabei um Plakate, Aufkleber, Graffiti, Flyer und Infostände. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr agieren die Mitgliederder Partei mittlerweile nicht mehr nur an bestimmten Orten im Bezirk, sondern fast flächendeckend. Jedoch konzentrieren sich die Aktivitäten auf die Großsiedlungsgebiete in Hellersdorf-Nord und Marzahn-Mitte. Im Zuge der ansteigenden Präsenz der Partei im Bezirk hat die Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf in Zusammenarbeit mit der bezirklichen Registerstelle Marzahn-Hellersdorf die Aktivitäten auf einer Online-Karte visualisiert und eine Einschätzung zur Partei verfasst.

Unter dem folgenden Link können Sie die Karte einsehen:

http://umap.openstreetmap.fr/de/map/aktivitaten-des-iii-wegs-in-marzahn-hellersdorf-20_687165#13/52.5388/13.5769

Warum entfaltet der „III. Weg“ in Marzahn-Hellersdorf eine größere Aktivität als in vielen anderen Bezirken? Wie ist die Situation einzuschätzen?

Die bundesweiten Aktivitäten vom „III. Weg“ zeigen, dass die Neonazi-Kleinstpartei an den Orten besonders aktiv ist, an denen einzelne Partei-Kader wohnhaft sind oder die Partei Räumlichkeiten betreibt. In Berlin tauchen ihre Aufkleber, Flugblätter und Plakate regelmäßig vor allem in den Bezirken Lichtenberg, Pankow, Marzahn-Hellersdorf sowie punktuell in Neukölln und Spandau auf. In Marzahn-Hellersdorf konnte speziell in den Regionen Hellersdorf-Nord (15 Vorfälle im Jahr 2021) und Marzahn-Mitte (20 Vorfälle im Jahr 2021) in den Monaten Oktober und November jeden dritten Tag Propaganda vom „III. Weg“ festgestellt werden. Aufgrund der Menge und der immer gleichen Standorte gehen Beobachter:innen im Bezirk davon aus, dass einzelne Partei-Anhänger:innen sie auch im Alltag in ihren Wohnumfeldern verteilen.

Daneben kommt es im Bezirk jedoch auch zu koordinierten Partei-Aktivitäten, wie Informationsständen oder großflächigen Flyer-Verteilaktionen. Weiterhin wird eine legale Graffitiwand an der Zossener Straße von der Neonazipartei regelmäßig für eigene Sprühereien benutzt. Fotos davon wurden unter anderem zur Mobilisierung für einen bundesweiten Aufmarsch im Internet verbreitet. Teilweise wurden die Aktionen von rund einem Dutzend Neonazis begleitet, die im Anschluss in Gruppenformation posierten.

Die Konzentration der Partei-Aktivitäten auf die Ostberliner Randbezirke hat verschiedene Ursachen. Der „III. Weg“ richtet seine völkische Kapitalismuskritik gezielt an „deutsche“ Arbeiter:innen in prekären Verhältnissen. In den Plattenbaugebieten der östlichen Randbezirke suchen sie am ehesten diese Zielgruppe. Nicht umsonst führte die Partei ihren einzigen bundesweiten Großaufmarsch 2020 in Berlin-Hohenschönhausen durch. Zudem gab es in den entsprechenden Bezirken bereits seit 2013 verstärkt extrem rechte Mobilisierungen. Sie richteten sich vor allem gegen die Entstehung von Unterkünften für Geflüchtete. Auch viele Anwohner:innen, die sich rassistisch äußerten, beteiligten sich an ihnen. Die Reaktivierung von einigen dieser Container-Unterkünfte in den letzten Monaten scheint bei den Parteimitgliedern die Hoffnung zu wecken, erneut über rassistische Mobilmachungen in Ostberlin Aufmerksamkeit für ihre Politik gewinnen zu können.

Die generelle Situation vom „III. Weg“ in Berlin ist zwiespältig. Im Gegensatz zu Plauen oder Siegen, wo die Partei eigene Büros betreibt, fehlen ihr hier die Räumlichkeiten. Das schränkt die Möglichkeiten für Aktivitäten ein. In Berlin beschränkte sich der „III. Weg“ im vergangenen Jahr auf das Anwerben neuer Mitglieder und verstärkte Gruppenaktivitäten im öffentlichen Straßenland wie die gemeinsame Verteilung von Propaganda. Vor allem in der Innenstadt traten die Partei-Anhänger:innen dazu in größeren Gruppen auf, wobei sie oftmals von Brandenburger Neonazis unterstützt wurden. Einerseits wird so versucht, im Angesicht des Raummangels das Gemeinschaftserleben auf die Straße zu verlegen. Andererseits lässt das Auftreten in Gruppen auf gewisse Unsicherheiten in weniger bekannten Räumen schließen. Während sich die Neonazis in den Berliner Innenstadtbezirken weniger angenommen zu fühlen scheinen, treten die Partei-Anhänger:innen in Lichtenberg sowie Marzahn-Hellersdorf wiederum mit einer größeren Selbstsicherheit auf.

Es ist überraschend, dass der „III. Weg“ als Partei in Berlin keinerlei Wahlvorschläge für die Wahlen 2021 eingereicht hat. Das ist jedoch nicht zwangsläufig ein Zeichen personeller Schwäche. So strebt der „III. Weg“ politische Veränderung nur bedingt über demokratische Beteiligung in den (Bezirks-)Parlamenten an. Stattdessen wird versucht, eine „nationalrevolutionäre“ Bewegung zu organisieren. Die Parteistrukturen dienen dabei vor allem als legaler Sammelpunkt für Neonaziaktivistinnen und -aktivisten. Dies gilt insbesondere, nachdem in den letzten Jahren viele Neonazigruppierungen verboten wurden. So traten auch in Berlin mehrere Mitglieder des ehemaligen „Nationalen Widerstand Berlin“ (kurz: NW Berlin) bei Aktivitäten des „III. Wegs“ wieder in Erscheinung. Darunter befinden sich zahlreiche Neonazis, die in den Bezirken Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf wohnhaft sind. Das Netzwerk „NW Berlin“ betrieb eine eigene Homepage. Dort fand sich u.a. eine „Feindesliste“ politischer Gegner:innen, und es wurde zum Angriff auf diese aufgerufen. In diesem Sinne verfügen vor allem die aktivistischen Neonazis beim „III. Weg“ in Berlin möglicherweise über weitreichende Informationen sowie eine gewisse Erfahrung in der Szene. Schon aus diesen Gründen darf die Partei, wenn auch mit wenigen Mitglieder:innen, nicht unterschätzt werden.

Der Bericht ist eine Gemeinschaftspublikation mit dem Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle Marzahn-Hellersdorf (Stiftung SPI).

Wenn Sie Aktivitäten der Partei „III. Weg“ im Bezirk bemerken, melden Sie diese Fälle bitte an die bezirklichen Registerstellen in Marzahn-Hellersdorf und/oder kontaktieren Sie die Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf.

Ebenso möchten wir im Zuge dessen auf die Aufklärungsflyer zu der Partei „III. Weg“ der Koordinierungsstelle Marzahn-Hellersdorf aufmerksam machen, die die Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf in Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen von der Fach- und Netzwerkstelle LichtBlicke Lichtenberg und der Registerstelle Lichtenberg erarbeitet haben. Die Flyer können Sie auf Anfrage in der Koordinierungsstelle jederzeit abholen oder auf der Webseite als PDF-Datei herunterladen. Bei Bedarf können wir auch Schulen, soziale Einrichtungen und Träger bzw. Akteure der Zivilgesellschaft in Marzahn-Hellersdorf verschiedene Informationsmaterialien zukommen lassen, beratend tätig werden oder Workshops bzw. entsprechende Veranstaltungen zum Thema organisieren.

 

Kontakt Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf

Koordinierungsstelle für Demokratieentwicklung Marzahn-Hellersdorf

Neue Grottkauer Straße 5
12619 Berlin

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Handy: 0152 1771 1383

Mail: koordinierungsstelle-mh@pad-berlin.de

Website: https://koordinierungsstelle-mh.de

Twitter: https://twitter.com/demokratiemahe

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Kontakte der Registerstellen Marzahn-Hellersdorf

Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle Marzahn-Hellersdorf

Stiftung SPI
Tel.: 030 99 27 50 98
Handy: 0172 869 54 97
mail: register-mh@stiftung-spi.de
Webseite: https://www.stiftung-spi.de/projekte/register-mh/

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Antirassistisches Register an der Alice-Salomon-Hochschule
Alice-Salomon-Platz 5
12627 Berlin
Die wöchentliche Sprechstunde entfällt vorerst aufgrund des Online-Semesters.
Online-Treffen sind auf Anfrage möglich.
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Webseite: https://asta-ash.eu/registerstelle/
Twitter: @registerASHMaHe